Ja, die Katzenolympiade kam immer näher, und mein Herrchen musste diverse Vorbereitungen treffen. Neben unserer Trainingsarbeit hatte er noch viele organisatorische Dinge zu erledigen, zum Beispiel mit uns den Tierarzt aufzusuchen, denn es wurde bei den internationalen Wettbewerben genau geschaut, ob die Teilnehmer gesund waren, ob sie jünger als 6 Menschenjahre – also etwa 40 Katzenjahre – waren, und ob es nicht irgendeinen Ausschliessungsgrund gäbe.

 

Zunächst musste Herrchen die Nennungen abschicken, mit uns zum Tierarzt gehen und Bestätigungen jeder Form einholen, uns zwischendurch weiter trainieren und auch die Nahrung überwachen. Bei Kauno gab es Schwierigkeiten, denn sein genaues Geburtsdatum liess sich nicht feststellen.

 

Doch es fand sich ein Ausweg. Herrchen musste mit seiner Freundin auf den Bauernhof fahren, auf dem mein Freund zur Welt gekommen war, und sich bestätigen lassen, dass Kauno weit unter 6 Menschenjahren alt war. Wir wussten es ja, denn seine Schwester Bella war jetzt genau 3 1/2 Jahre alt, das sind ca. 30 Katzenjahre, und sie wurden natürlich gleichzeitig geboren. Das ist bei uns Katzen so, dass wir oft Vierlinge sind oder noch mehr.

 

Also fuhren Herrchen und seine Menschenfreundin weit weg, um die Bestätigung zu holen, dass Kauno noch nicht 6 Menschenjahre alt war. Auf dem Bauernhof angekommen – so erzählten sie mir – wurden sie nicht gerade herzlich empfangen. Die Bäuerin fragte, wozu er solch eine Bestätigung brauchte, und Herrchen erzählte ihr, dass dies bei einer Katzenolympiade obligatorisch sei. Widerwillig schrieb sie also diese Erklärung, und Herrchen war zufrieden. Glücklich fuhr er nach Hause und erzählte uns sinngemäss von diesem Erfolg. Nun mussten wir beide in die Tierklinik, wurden vermessen, gewogen und auf unseren Gesundheitszustand getestet, auch ob unser kleines Herz die Strapazen einer internationalen Veranstaltung aushalten würde. Alles wurde genau gecheckt, dann kam die grosse Erleichterung. Kaunos Alter und sein Gesundheitszustand wurden vom Tierarzt positiv bewertet, ebenso meiner, und schon waren wir bereit, das grosse Abenteuer zu starten. Es war Sommer geworden und es war angenehm warm – und mein Interesse an Bella wurde grösser und grösser. Natürlich hielt sie sich vornehm zurück und wartete auf meinen ersten Schritt, aber das sollte noch dauern, denn im Moment war das Training das Wichtigste in meinem Katzenleben.

 

Kauno und ich trainierten intensiv weiter. Immer höher wurde die Styroporauflage auf Herrchens Kasten – und immer höher konnten wir beide – Kauno und ich – springen. Ich wollte unbedingt gewinnen und setzte alles daran, das zu erreichen. Doch Kauno hatte seine Muskulatur ausgebaut und wog mittlerweile über 6 Kilogramm. Seine Hinterbeine waren so stark ausgebildet, dass er mich jedesmal in der Disziplin „Hoch/Weit“ schlug. Da hatte ich nicht den Funken einer Chance. Mit der Zeit wurde das grosse Wohnzimmer zu klein, und Herrchen musste ständig die Balkontüre beim Training offen lassen, um unseren Anlauf zu verlängern. Kauno sprang mittlerweile eine Diagonale von über 6 Metern. Nur zur Information: Der Katzenweltrekord liegt bei 6 Meter 40, also nicht mehr so weit entfernt von Kaunos Bestweiten. Ich trainierte meistens im Park die Sprints, fing Mäuse und Ratten in grossen Mengen und verschenkte sie an meine Kumpels, die langsamer waren und auch hungrig, da sie sehr viele Anläufe brauchten, um sich etwas zu fangen. Von Anfang meines Katzenlebens an hatte ich keine Schwierigkeiten Mäuse, Ratten und Kriechgetier zu fangen. Natürlich war mir der Dank meiner Freunde sicher.

 

Noch eine grosse Neuigkeit gibt es zu berichten. Noch dazu eine freudige. Bella und ihr Frauchen übersiedelten ganz zu uns. Unser Herrchen hatte ja eine sehr grosse Wohnung im ersten Stock eines Althauses, sodass wir ohne Probleme hier zu sechst leben konnten. Dennoch – was ich so mitbekommen hatte – behielt Bellas Besitzerin ihre eigene Wohnung, und andere Menschen – natürlich mit 2 Katzen – zogen dort ein. Für uns war das ein wunderbares Erlebnis, denn Bella taute immer mehr auf und fing schon an mit uns zu rennen – aber nur in der Wohnung. In den Park trauten sich weder Raja noch Bella. Aber das sollte nicht immer so bleiben…

 

Ich dachte bei mir: Wenn die Katzenolympiade mit diesem ganzen Rummel vorbei ist, werde ich mich sehr viel mehr um Bella kümmern, aber noch musste diese Entscheidung hinausgeschoben werden. Mein wichtigstes Ziel war dieser grosse Event, und dafür musste ich alles tun, schon allein deswegen, weil Kauno immer stärker wurde – ein Kraftpaket ersten Ranges. Kauno trainierte ruhig und zielsicher, und mittlerweile war sogar ein neuer Weltrekord von ihm in greifbarer Nähe, aber davon ein anderes Mal…