Wieder ist eine Woche vergangen, ohne dass ich auch nur das geringste von meinem Kumpel gehört oder gesehen habe. Nichts, rein gar nichts… Ich war am Verzweifeln. Wir waren ein so tolles Team – wir beide – und jetzt war er dort in der Wohnung seines menschlichen Retters eingesperrt. Wie sollte er frei kommen? Ich machte mir viele Gedanken und setzte mich langsam in Bewegung mit dem Ziel, Kauno aus seiner engen Umgebung zu befreien. Natürlich nur dann, wenn er wieder gesund wäre.

Ich ging also zu dem gelben Haus, in dem Kauno lebte, und wartete wieder, bis ein Mensch dieses Haus betreten würde. Die Wohnung kannte ich ja schon und wusste genau, wo sich mein Kumpel aufhielt. Ich wartete also geduldig, bis jemand kam. Und wirklich, nach ein paar Minuten kam ein Menschenkind aus dem Haus heraus. Schnell huschte ich hinein, bevor die grosse Eingangstür wieder ins Schloss fiel, hastete die Treppen zu Kaunos Wohnung hinauf und rief mehrmals kräftig nach ihm.

Nach kurzer Zeit hörte ich freudig erregt seine Stimme. Sie war schon kräftiger, als er mir antwortete; nicht mehr so zart und kraftlos, wie noch vor einer Woche. Ich fragte ihn, wie es ihm ginge und wie er sich fühle. Kauno gab mir zu verstehen, dass er schon zweimal in der Tierklinik war, dass der Arzt den Rippenpanzer abgenommen und auch „grünes Licht“ für seine Genesung gegeben hatte, sodass er also wieder komplett geheilt war. Zwar hatte er noch ein wenig Kopfschmerzen, aber das war leicht zu ertragen, denn sie traten täglich nur ganz kurz nach dem Erwachen auf.

Kauno fühlte sich wieder kräftig und vital. Eben wie ein gesunder, junger Kater im Alter von 2 Menschenjahren.

Aber wie sollte er aus der Wohnung kommen? Wie sollte er sich wieder frei bewegen können? Ich fragte ihn, ob er nochmals in die Tierklinik müsse? Er erklärte mir, dass in 2 Tagen die letzte Untersuchung in der Klinik wäre, und sein derzeitiges Herrchen mit ihm nochmals dorthin müsse.

Mir kam ein kühner Gedanke. Was wäre, wenn Kauno am Transport dorthin oder wieder zurück aus dem Katzentragekorb fliehen könnte? Wie könnte er das am besten anstellen? Ich musste kreativ werden und hatte plötzlich eine Idee…  So erklärte ich Kauno, dass er seinen Schwanz in das Gittertürchen klemmen sollte, damit es sich nicht ganz schliessen liess – was man aber nur bei ganz genauem Hinsehen bemerken würde. Dann sollte er sich ruhig verhalten und auf eine Gelegenheit warten, bis es ungefährlich war, aus dem Korb zu entfliehen.

Mein Kumpel war überglücklich über diesen meinen Geistesblitz und gab mir zu verstehen, dass dies sicher die beste Möglichkeit wäre, aus dem Tragekorb zu entfliehen.

Sodann verabschiedete ich mich von Kauno in der Hoffnung, dass alles klappen würde, und trottete die Stiegen hinunter und hinaus in eine schöne, aber gefährliche Freiheit.

Ich hatte ja meinen Balkon, meinen Baum, meinen Park, viele Katzenfreunde und genug zu fressen; einen menschlichen Beschützer, der mir immer das Gefühl gab, zwar zu jemandem zu gehören, aber immer frei sein zu können und zu tun, was immer ich wollte. Natürlich mit aller gebotenen Vorsicht, die auch Katzen an den Tag legen müssen.

Zuhause auf dem Balkon angekommen, legte ich mich wieder in den bequemen Sessel, dachte an Kauno und hoffte, dass alles klappen würde und er bald wieder mit mir um die Häuser ziehen könne.

Er ist einfach ein Kumpel, mit dem man gerne unterwegs ist und mit dem es Spass macht, des Nachts Mäuse, Ratten und andere Kleintiere zu fangen.