Vorgestern war ein sehr trauriger Tag für mich kleinen, schwarzen Kater. Mein bester Katzenfreund ist von einem Auto angefahren worden. Er wollte morgens mal schnell in den Park hinüber und hatte nicht geschaut. Plötzlich kam, wie aus heiterem Himmel, ein Auto daher und erfasste meinen Kumpel. Der Wagen fuhr nicht schnell, denn er musste ja nach einem Menschen-Fussübergang sein Auto erst beschleunigen, aber es genügte, dass mein Freund ein paar Meter später reglos auf der Strasse zu liegen kam. Ich konnte alles von meinem Balkonplätzchen beobachten und war total schockiert und ängstlich, weil ich dachte, dass nun alles aus sei. Aber Kauno, mein Freund, hatte Glück. Der Fahrer des Wagens stieg aus und beugte sich über ihn, hob ihn sanft auf und legte ihn behutsam auf den Rücksitz seines Wagens. Dann fuhr er weg.
Wenig später muss er dann wohl in die nahe Tierklinik gefahren sein, denn ich sprang über den Balkon auf meinen Baum, den ich als Leiter verwende und hastete hinterher. Sein Wagen stand genau vis-à-vis der Tierarztpraxis, und ich setzte mich an den Strassenrand und blickte unentwegt zur Tür der Klinik. Nach geraumer Zeit kam der Autofahrer mit meinem Kumpel am Arm heraus und legte ihn wieder ganz sanft auf den Rücksitz seines Wagens. Kauno lebte. Aber irgendwie sah er ganz apathisch aus. Irgendetwas musste mit ihm passiert sein. Ich war natürlich froh, dass er nicht tot war und dass ich mir Hoffnung machen konnte, wieder mit ihm zu spielen und unterwegs zu sein, aber ich machte mir grosse Sorgen. Was, wenn er nicht mehr gesund werden würde? Was, wenn wir nicht mehr gemeinsam im Park Ratten und Mäuse fangen könnten?
Wie sollte ich mich denn bemerkbar machen und erfahren, wie es Kauno ging? Wo würde er hingebracht werden? Wo würde er, wenn er wieder gesund werden sollte, wohnen? All diese Fragen beschäftigten mich unentwegt. Aber wie sollte ich dahinter kommen, wo er sich derzeit aufhielt?
Ich dachte nach und kam auf eine tolle Idee! Ich musste in die Tierklinik hinein kommen, dort eine Katze oder einen Kater fragen, ob die etwas wussten oder gesehen hatten, und eventuell die Adresse des Retters von Kauno heraus bekommen.
Vorsichtig überquerte ich die Strasse und setzte mich vor die Tür der Tierklinik, wartete, bis jemand mit seinem vierbeinigen Freund die Praxis betreten würde. Schon nach kurzer Zeit kam eine Dame mit einem Katzenkorb. Schnell huschte ich hinterher und blickte mich um. Die Menschen, die dort mit ihren tierischen Freunden saßen, waren echt erstaunt, dass da eine Katze allein in die Klinik hereingekommen war, aber sie taten nicht viel und hielten nur die Schnäuzchen, sorry, ihre Münder, offen. Zum Glück sah ich Tilo, einen Katzenkumpel vom Park in einem Korb sitzen. Er erzählte mir, dass er heute gegen Tollwut geimpft werden sollte, und hatte auch etwas von Kaunos Verletzung mitbekommen, sowie auch die Adresse des Mannes, der meinen Freund angefahren hatte. Ich fragte ihn, ob es mit Kauno schlimm bestellt sei, aber er wusste nichts. Er gab mir nur zu verstehen, dass er vermutlich betäubt worden wäre; mehr wusste er nicht.
Wenigstens hatte ich die Adresse. Tilo hatte von einem gelben Haus ganz in der Nähe gesprochen, und ich machte mich auf den Weg dorthin. Es war nicht weit, höchstens ein paar Katzensprünge. Naja, vielleicht ca. 20, aber das sollte mir nichts ausmachen. Kauno aber blieb verschollen. Ich war sehr traurig und trottete entlang des Gehsteigs wieder in Richtung zu Hause, wo ich mich müde auf dem Balkon in den Sessel fallen liess. Werde ich Kauno wiedersehen? Meine Gedanken waren bei ihm.